»Veränderung bedeutet immer ein bisschen Reibung, aber dafür auch die Chance, Dinge neu zu gestalten«

Interview mit Annette Ganschow, Leiterin der Personalgruppe am Fraunhofer IAF

Annette Ganschow leitet seit Anfang 2023 die Personalgruppe am Fraunhofer IAF. Im Interview spricht sie darüber, wie sie die Mitarbeitenden während der Veränderungsprozesse wahrnimmt, welche Recruiting-Maßnahmen in Zeiten des Fachkräftemangels wirken und was einen attraktiven Arbeitgeber in der Forschung ausmacht.

Derzeit finden viele Veränderungsprozesse sowohl am Fraunhofer IAF als auch in der gesamten Fraunhofer-Gesellschaft statt. Wie erlebst du diese Zeit?

Grundsätzlich erlebe ich hier einen kollegialen und respektvollen Umgang miteinander und das ist eine gute Basis für die Zusammenarbeit. Im Zuge der Veränderungen findet eine Auseinandersetzung mit der Struktur und der Strategie statt und das bedeutet auch immer eine Chance zur Weiterentwicklung und Verbesserung. Da geht es um Verantwortlichkeiten, um Entscheidungsbefugnisse, um die Definition von Zielen und vor allem um die Identifikation mit dem Institut. Die Veränderung von strategischen Abläufen birgt die Chance, schneller und dabei noch innovativer zu werden, wenn wir es schaffen, Vision, Strategie und Werte miteinander zu verbinden

Wie erlebst du die Mitarbeitenden in dieser Phase?

Hier im Bereich Forschung und Entwicklung habe ich den Eindruck, dass die Mitarbeitenden Neuem und Ungewohntem grundsätzlich offen gegenüberstehen. Sie sind neugierig, sie hinterfragen, probieren Dinge aus und sind bereit, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Aber natürlich bringt jede Veränderung auch Zweifel und Skepsis mit sich, weil nicht alles vorhersehbar ist und viele neue Einflüsse, unterschiedliche Interessen und Perspektiven aufeinandertreffen. Eine Veränderung bedeutet immer ein bisschen Reibung, aber dafür eben auch die Chance, Dinge neu zu gestalten. In solchen Phasen ist die Kommunikation entscheidend – die Mitarbeitenden wollen mitgenommen werden und sich einbringen können.

Annette Ganschow, Personalgruppe, Fraunhofer IAF
© Fraunhofer IAF
Annette Ganschow kommt ursprünglich aus der Personalentwicklung. Vor dem Fraunhofer IAF war sie bei der IAV, der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr, und für die Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) tätig, die u.a. die Berlinale ausrichten.

Trotz Fachkräftemangel ist es gelungen, 2023 sehr viele offene Stellen zu besetzen. Wie haben wir das geschafft?

In erster Linie durch sehr fleißige Kolleg:innen! Alle Beteiligten sind immer am Ball geblieben, um die freien Stellen zu besetzen. Zudem haben wir unsere Ausschreibungen optimiert, aktuelle Stellenportale hinterfragt, neue Portale und Medien ergänzt, um die Reichweite zu vergrößern und auch international sichtbarer zu werden. Wir waren viel im Austausch mit der Institutsleitung und den Führungskräften, haben bei den Personalplanungsrunden Stellen priorisiert, den Fokus auf Schlüsselpositionen gelegt und da nochmal mit besonders viel Nachdruck nach geeigneten Kandidat:innen gesucht. Die Fachbereiche haben verstärkt Konferenzen und Fachmessen genutzt, um geeignete Kandidat:innen anzusprechen. Und natürlich haben wir sehr viele Bewerbungsgespräche geführt. Das Zusammenspiel aus unseren Maßnahmen und dem verbesserten Arbeitsmarkt ab der zweiten Jahreshälfte hat dazu geführt, dass wir letztendlich doppelt so viele Einstellungen wie in den Vorjahren hatten.

Der Arbeitsmarkt ist im Wandel und die Ansprüche an den Arbeitgeber verändern sich. Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit das Fraunhofer IAF auch weiterhin ein toller Ort zum Arbeiten und Forschen ist? 

Für die Forschenden liegt der Reiz des Fraunhofer IAF natürlich in der Forschungsinfrastruktur und dem Zusammenspiel zwischen exzellenter Forschung und anwendungsorientierter Entwicklung. Wir müssen natürlich flexibel bleiben – oder agil, wie man heute sagt. Es braucht die hochwertige Ausstattung und Infrastruktur, aber es braucht auch eine agile Arbeitsumgebung. In der New-Work-Bewegung sind Themen wie Teilzeit, mobiles Arbeiten oder Sabbaticals nicht mehr wegzudenken. Die heutigen Berufseinsteiger:innen legen großen Wert auf eine sinnstiftende Arbeit, gleichzeitig wollen sie selbstbestimmt sein und Verantwortung übernehmen. Hier müssen wir insbesondere mit den Führungskräften eng zusammenarbeiten, weil das in Zukunft eine ganz andere Art von Führung erfordern wird. Wir müssen Mitarbeitende nicht nur gewinnen, sondern sie auch weiterentwickeln, ihnen Perspektiven aufzeigen, damit es auch dauerhaft hier am Institut attraktiv bleibt. Das Wichtigste bleibt jedoch der respektvolle und wertschätzende Umgang miteinander.

Wie schaffen wir es, mehr Frauen für die Forschungsarbeit bei uns zu begeistern? 

Über Kolleg:innen, die an Hochschulen lehren, kommen wir ein bisschen näher an die Unis heran und haben in letzter Zeit tatsächlich viele Doktorandinnen einstellen können. Zukünftig bilden wir sogar selbst aus und haben so die Chance, weiblichen Nachwuchs zu entwickeln. Zudem haben wir wöchentliche Termine mit den Beauftragten für Chancengleichheit, um Initiativbewerbungen oder gute Profile von Frauen zu sichten und gezielt zu überlegen, auf welche Stellen sie passen würden. Von der Institutsleitung gibt es eine große Unterstützung, wenn Mitarbeiterinnen eine Führungsverantwortung übernehmen wollen und natürlich nutzen wir das TALENTA-Programm von der Fraunhofer-Zentrale, um Frauen gezielt zu fördern.

Wie stellen wir sicher, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von Geschlecht, Ethnie, Alter oder anderen Merkmalen gleiche Karrierechancen haben? 

Ich empfinde das Fraunhofer IAF als ziemlich open-minded und merke, dass man sich hier über Diversität freut. Das zeigt sich auch in unseren Bewerbungsprozessen. Was die finanzielle Gleichstellung betrifft, ist der TVöD gar nicht so schlecht. Er gibt einen standardisierten Rahmen vor hinsichtlich der Qualifizierung und Erfahrung. So kommt es nicht so schnell zu Ungerechtigkeiten, weil beispielsweise ein Mann besser verhandelt als eine Frau. Wir aus der Personalgruppe bieten internationalen Kollegen und Kolleginnen Sprachkurse an und unterstützen im Einstellungsprozess, wenn es um Aufenthaltstitel, die EU Blue Card oder Behördenschreiben geht. Gerade bei Einstellungen von Personen aus Drittländern ist dies unglaublich aufwendig und da versuchen wir bestmöglich zu helfen.

Was hattest du dir vorgenommen, als du vor über einem Jahr die Leitung der Personalgruppe übernommen hast? 

Ich komme ursprünglich aus der Personalentwicklung und das ist bestimmt eine meiner Stärken. Ich möchte zusammen mit dem Team nicht nur das Recruiting von qualifizierten Mitarbeitenden stärken, sondern auch die Mitarbeiterbindung fördern und ausbauen und die notwendigen Strukturen für eine Personalentwicklung schaffen. Meine Vision für die Personalgruppe ist, dass wir eine unterstützende, aber auch beratende Rolle einnehmen und als Sparringspartner für die Mitarbeitenden und Führungskräfte wahrgenommen werden. Sie kennen unsere Expertise, sprechen uns an und wir unterstützen sie dabei, ihre Ziele umzusetzen.

 

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