Im Gespräch mit Wolfgang Templ von NOKIA

Wie sieht unsere Kommunikation von morgen aus?

Wolfgang Templ ist Abteilungsleiter »Radio Transceiver Devices« bei Nokia in Stuttgart und forscht an energieeffizienten Transceivern für die Mobilkommunikation. Schon zu Schulzeiten begeisterte er sich für die Kommunikation und bastelte kurzerhand ein Lichttelefon bis zum Haus seines besten Freundes. Im Interview spricht er mit Michael Mikulla, Geschäftsfeldleiter »Leistungselektronik« am Fraunhofer IAF, über revolutionäre Entwicklungen und Zukunftsvisionen rund um die Kommunikation.

Dr. Wolfgang Templ, Abteilungsleiter »Wireless Transceiver Devices« bei Nokia Bell Labs in Stuttgart.
© Nokia Bell Labs
Dr. Wolfgang Templ, Abteilungsleiter »Wireless Transceiver Devices« bei Nokia Bell Labs in Stuttgart.

Wann hat Ihre Leidenschaft für die Kommunikationstechnologie begonnen?

Templ — Elektronik interessiert mich seit meiner Kindheit. In der Schulzeit bastelte ich ein Lichttelefon, dessen Funktion auf der Amplitudenmodulation eines Lichtstrahls der Glühlampe eines Bremslichts basierte. Es funktionierte hinreichend gut, um die etwa 150 Meter zum Haus meines Freundes zu überbrücken. Bei Nebel war allerdings nix mit Telefonieren!

Mikulla — Mich haben technische Fragestellungen auch schon immer fasziniert. In der Schule hat mir Physik immer am meisten Freude gemacht, aber dann ist es am Ende Elektrotechnik geworden und die Bauelemente wurden immer kleiner und schneller. 

Dr. Michael Mikulla ist Geschäftsfeldleiter für Leistungselektronik am Fraunhofer IAF.
© Fraunhofer IAF
Dr. Michael Mikulla ist Geschäftsfeldleiter für Leistungselektronik am Fraunhofer IAF.

Haben Sie in Ihrem Berufsleben schon einen »Way Ahead« erlebt, also eine Revolution in der Kommunikation?

Templ — Sicherlich. Ich denke, die Geschichte der Kommunikationstechnik der letzten 30 Jahre besteht aus einer Aneinanderkettung von mehreren technischen Revolutionen – und ich bin stolz, dass wir als Unternehmen hierzu maßgeblich beigetragen haben und dass ich diese Entwicklung aktiv miterleben und mitgestalten durfte. Ich glaube, es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die Einführung des Internets, der Mobilkommunikation und zuletzt des Smartphones und die damit einhergehenden Netzwerktechnologien unsere gesamte Zivilisation und Kultur maßgeblich beeinflussen und verändern.

Mikulla — Unglaublich, wie schnell sich alles entwickelt hat. Wählscheiben kennt man heute ja nur noch aus Hitchcock-Filmen, aber in meiner Jugend war das Stand der Technik und es gab ein Monopol der Post fürs Telefonieren. Das hatte dann zur Folge, dass Telefonieren tagsüber teurer war als abends. Heutzutage unvorstellbar!

Wie findet Nokia in Kooperation mit dem IAF einen »Way Ahead«?

Templ — Wir forschen an Transceivern für die Mobilkommunikation. Der mobile Datenverkehr wächst auf nicht absehbare Zeit immer noch exponentiell von Jahr zu Jahr.  Zukünftige Sender und Empfänger müssen sehr hohe Datenraten bewältigen, sehr energieeffizient arbeiten und dies alles zu erschwinglichen Kosten. Zusammen mit dem Fraunhofer IAF arbeiten wir an Bauelementen, die bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz die Übertragung extrem hoher Bitraten im Bereich von mehreren 100 Gbit/s auf Trägerfrequenzen bis in den THz-Bereich unterstützen.

Mikulla — Die Voraussetzungen, um am IAF technische Lösungen für 5G und 6G zu entwickeln, sind wirklich hervorragend für Bauelemente, Transceiver usw. Wichtig ist es, in den nächsten Jahren mit den richtigen Kooperationspartnern die nächsten Schritte zu unternehmen, um Hardware zu entwickeln, die robust, flexibel und skalierbar ist. Wir zählen Nokia zu den Top-Adressen für solche Partnerschaften!

Templ — Ein echter Durchbruch für uns wäre sicherlich eine energieeffiziente Komponententechnologie, die ein kompaktes, kostengünstiges THz-Kommunikationssystem ermöglicht. Das würde nochmals einen deutlichen Anstieg der Datenraten bei nochmals höherer Flexibilität bedeuten.

Im Projekt ARIADNE entwickelt das Fraunhofer IAF u.a. mit Nokia eine neuartige hybride drahtlose Systemarchitektur, um extrem hohe Datenraten im Bereich von 100 Gbit/s nahezu latenzfrei zuverlässig und skalierbar zu übertragen.
© yingyaipumi - stock.adobe.com
Im Projekt ARIADNE entwickelt das Fraunhofer IAF u.a. mit Nokia eine neuartige hybride drahtlose Systemarchitektur, um extrem hohe Datenraten im Bereich von 100 Gbit/s nahezu latenzfrei zuverlässig und skalierbar zu übertragen.

Was braucht es Ihrer Meinung nach abseits von genialen Ideen, damit ein Forschungsergebnis wirklich den Weg in den Markt findet?

Templ — Das Forschungsresultat muss natürlich einen gegenwärtigen oder künftigen Bedarf adressieren. Sehr wichtig ist aber auch das Timing. Dass ein Forschungsergebnis zu spät vorliegt und von der Wirklichkeit überholt werden kann, ist klar. Viel überraschender ist, dass auch das Gegenteil gilt: Liegt das Ergebnis zu früh vor, so ist der Markt vielleicht noch nicht bereit und es »verschwindet in der Schublade«. Darüber hinaus sollten Forschungsresultate das Potential für eine kommerzielle Umsetzung in sich bergen. Hierzu gehören neben der Identifikation eines industriellen Partners, der die Kommerzialisierung übernimmt. Bei Hardware kommt die Möglichkeit einer rentablen Serienfertigung, die Gewährleistung der Zuverlässigkeit über eine hinreichende Lebensdauer dazu.

Mikulla — Solch eine erfolgreiche Kooperation haben wir schon heute. Aber ich gebe Herrn Templ vollkommen recht: Das Timing für einen Markteintritt und dementsprechend auch für die davor stattfindenden  Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ist absolut wichtig. Um beim Beispiel 5G zu bleiben – hier wird der nächste Schritt sein, die ersten Frequenzbänder im Millimeterwellen-Bereich zu erschließen, erst danach werden Terahertz-Frequenzen interessant werden. Und natürlich müssen wir uns auch rechtzeitig Gedanken über eine spätere Serienfertigung in großen Stückzahlen machen, die wir am Fraunhofer IAF nicht leisten können. Dafür sehe ich aber auch in Europa gute Möglichkeiten in den nächsten Jahren.

 

Das Fraunhofer IAF entwickelt Leistungstransistoren und -Schaltungen auf Basis von Galliumnitrid für eine schnelle und energieeffiziente Datenübertragung.
© Fraunhofer IAF
Das Fraunhofer IAF entwickelt Leistungstransistoren und -Schaltungen auf Basis von Galliumnitrid für eine schnelle und energieeffiziente Datenübertragung.
Durch 3D-Projektion und Holografie könnte eine perfekte Immersion in die Umgebung des Kommunikationspartners erreicht werden.
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Durch 3D-Projektion und Holografie könnte eine perfekte Immersion in die Umgebung des Kommunikationspartners erreicht werden.

Wie sieht wohl in 20 Jahren unsere Kommunikation aus?

Templ — Ich könnte mir vorstellen, dass der Trend zu einer stärkeren Vernetzung und einem noch besseren Kommunikationserlebnis geht: Bei der Kommunikation zwischen Menschen könnte eine nahezu perfekte Immersion in die Umgebung des Kommunikationspartners erreicht werden. Schon heute ist hier mit Virtual Reality und Augmented Reality viel machbar. Durch die weitere Steigerung der Bildqualität, 360°-Vision oder 3D-Projektion und Holografie ist hier noch sehr viel zu erwarten.

Mikulla — Ich denke, dass sowohl die Online- als auch die Offlinekommunikation ihre Berechtigung behalten werden. Auf der einen Seite wird man mit Freunden und Familie, die sich irgendwo auf dem Globus befinden, in intensivem Kontakt sein wollen, aber andererseits ist ein gemeinsamer Spaziergang im Wald oder an der See natürlich nur sehr schwer durch einen technologischen Fortschritt zu ersetzen.

Was wäre denn Ihre Vorstellung einer perfekten Kommunikation der Zukunft?

Templ — Die perfekte Immersion in die unmittelbare Umgebung des Gesprächspartners stelle ich mir toll vor. Dass man das Gefühl erhält, der Gesprächspartner wäre physisch anwesend oder man befände sich bei ihm, z. B. im Stadion oder beim Konzert. Hierzu würden für ein realistisches Erlebnis allerdings auch Geruch, Geschmack und Tastsinn gehören. Aber ultimativ könnte dann die jeweilige Person – ähnlich einem realistischen Traumerlebnis – mit einer Gegenstelle kommunizieren oder in eine virtuelle Welt eintauchen.

Mikulla — Das sind faszinierende Perspektiven, die bestimmt auch zum größten Teil verwirklicht und das Erleben der Menschen bereichern werden. Man darf aber nicht vergessen, dass wir analoge Wesen sind, die über begrenzte Aufnahmekapazitäten verfügen. Die große Aufgabe wird also sein, die Menschen auf diesem Weg einzubeziehen.

Wie könnten zukünftige Haushaltsroboter aussehen?
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Wie könnten zukünftige Haushaltsroboter aussehen?

Und auf dem Weg in diese Zukunft, was würden Sie denn da selbst gern erfinden?

Templ — Ich bin ja der Meinung, dass Waschmaschine und Geschirrspüler zwei der besten Erfindungen der Menschheit waren. Gemessen hieran gebe ich es bescheidener: Ich wäre bereits mit WARP-Antrieb oder dem Beamen zufrieden.

Mikulla — Ich wünsche mir Hilfsroboter für zuhause: Müll trennen, Fenster putzen, so etwas. Ob man dann wohl ein vernünftiges Gespräch mit ihnen führen kann und ob sie sich mit ihren Kollegen zusammenfinden, um beispielsweise auch ein Konzert zu besuchen?

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Dr. Wolfgang Templ bewarb sich nach dem Studium bei Alcatel SEL in Stuttgart, was heute ein Teil von NOKIA ist. Zuerst arbeitete er im Bereich Bauelemente-Qualifikation und wechselte 4 Jahre später in den Forschungsbereich. An seinem Beruf schätzt er in erster Linie den kreativen Freiraum bei NOKIA und die Möglichkeit, Technologien zu entwickeln, die letztendlich das Leben aller Menschen beeinflussen und die gesamte Gesellschaft zum Guten verändern kann.

Dr.-Ing. Michael Mikulla bewarb sich nach dem Studium bei der Fraunhofer-Gesellschaft. Er arbeitete zunächst im Bereich der Hochleistungs-Diodenlaser und gründete u. a. die Firma m2k-Laser (heute Teil von Coherent). Danach leitete er die Abteilung Technologie am IAF und wechselte in das neue Themenfeld GaN-Leistungselektronik. An seinem Beruf schätzt er besonders die vielen sympathischen Kolleginnen und Kollegen am IAF und die Möglichkeit, ressourcenschonende Technologien zu entwickeln, die für die Gesellschaft nützlich sind.  

 

  

Weitere Informationen

Forschung für die Kommunikation von morgen

Forscher des Fraunhofer IAF entwickeln Leistungstransistoren und -Schaltungen auf Basis von Galliumnitrid für die zukünftigen mobilen Kommunikationssysteme 5G und 6G.

Aktuelle Projekte

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