Im Interview sprechen die beiden Promovenden Anli Ding und Niclas Feil über ihre gemeinsame Arbeit an einem Patent für Oberflächenwellenresonatoren auf Basis von Aluminium-Scandium-Nitrid, welches sie 2020 angemeldet haben.
Ihr forscht beide an dem Halbleitermaterial Aluminium-Scandium-Nitrid (AlScN), wie seid Ihr an das IAF, bzw. das INATECH und auf das Thema gekommen?
Anli — Manchmal bin ich selbst überrascht, dass ich in der angewandten Physik am Fraunhofer IAF arbeite, denn angefangen hat alles mit einem Bachelorstudium in Materialwissenschaften in China. Damals habe ich von dem Studiengang Mikrosystemtechnik an der Universität Freiburg erfahren. Sein guter Ruf und der enge Kontakt zur Industrie haben mich schließlich überzeugt mein Masterstudium in Deutschland zu machen. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Universität und Fraunhofer-Institut bekam ich hier die Möglichkeit, meine Masterarbeit am IAF zu schreiben. Im Anschluss wurde mir angeboten, meine Forschung in Form einer Dissertation über AlScN weiterzuführen; eine Chance die ich ohne zu zögern ergriffen habe.
Niclas — Bereits zu Beginn meines Studiums habe ich mich insbesondere für Kristallographie interessiert. Piezoakustische Wellen sind ein spannender Forschungsbereich, bei dem die elastischen und piezoelektrischen Eigenschaften von Kristallen genutzt werden, um z. B. Oberflächenwellen auf einer Kristalloberfläche zu beschreiben, vergleichbar mit denen auf einer Wasseroberfläche. Auf das Thema AlScN bin ich bei einer Vorlesung über Verbindungshalbleiter bei Professor Oliver Ambacher gekommen. Dort habe ich zum ersten Mal von dem Material erfahren und das Thema hat mich sofort gepackt. Direkt nach der Vorlesung habe ich gefragt, ob man in diesem Bereich forschen kann. So bin ich zunächst zu meiner Masterarbeit und jetzt auch zu meiner Promotion am Institut für Nachhaltige Technische Systeme INATECH gekommen, an dem Professor Ambacher unterrichtet.
Was kann man sich unter Oberflächenwellenfiltern auf Basis von AlScN vorstellen und worin liegen die Vorteile und Herausforderungen des Materials?
Niclas — Das Grundmaterial Aluminiumnitrid (AlN) ist schon relativ lange bekannt. Es wird zum Beispiel in sogenannten Volumenwellenresonatoren im Mobilfunk genutzt. Im Wesentlichen kommt es dabei auf die Kristallstruktur der Atome an; diese kristallisieren bei AlN in der sogenannten Wurtzit-Struktur. Durch die atomaren Anordnungen in der Struktur besitzt der Kristall eine Polarisation, das bedeutet, es ist ein pyroelektrischer, und damit auch piezoelektrischer Kristall. Hiermit hängt eine wichtige Eigenschaft zusammen: die elektromechanische Kopplung. Diese definiert im Wesentlichen die Bandbreite eines piezoakustischen Filters.
Wenn man nun Scandium hinzufügt, in dem man partiell die Al-Atome mit Sc ersetzt, dann wird der piezoelektrische Effekt durch Deformation des Kristallgitters stark erhöht und zwar speziell für die c-Achse des Kristalls. Diese besonderen Eigenschaften, die in Volumenfiltern schon genutzt werden, für Oberflächenwellen (SAWs) basierte Anwendungen zu realisieren, das ist die Idee hinter unserer Forschung.
Anli — Das Fraunhofer IAF hat viel Erfahrung in der Erforschung von AlScN. In früheren Forschungsprojekten konnten wir bereits AlScN mit guter Kristallqualität und hohen Scandium-Konzentrationen züchten. Allerdings haben wir bisher nur c-plane AlScN gezüchtet, was bedeutet, dass die piezoelektrische Achse senkrecht zum Substrat liegt. Dies ermöglicht leistungsstarke akustische Volumenresonatoren aber keine SAWs. Wir mussten also einen Weg finden, die c-Achse des AlScN um 90° zu neigen, um das Potenzial von AlScN für SAW-Resonatoren zu nutzen.