In Manchester geboren, in Istanbul aufgewachsen, in Freiburg studiert und promoviert: Erdin Ture ist vor vier Jahren als wissenschaftliche Hilfskraft ans Fraunhofer IAF gekommen – heute hat er seine Promotion im Bereich der Leistungselektronik fast abgeschlossen. Im Interview erklärt er, was ihn an seinem Forschungsthema begeistert und warum er auch nach seiner Promotion noch am Fraunhofer IAF bleiben möchte.
In deiner Doktorarbeit beschäftigst Du Dich mit neuartigen dreidimensionalen Transistoren auf Galliumnitrid-Basis. Worum genau geht es dabei?
Ich nutze den dreidimensionalen Transistoransatz, um Leistungsverstärker bei sehr hohen Frequenzen aufzubauen. Bisher sinkt mit konventionellen Ansätzen die Performance, wenn man hohe Leistungen bei hohen Frequenzen schaltet. Es gibt also noch eine Lücke zwischen der Technologie und den Materialeigenschaften. Mit dem sogenannten Tri-Gate-Ansatz, den ich anwende, kann man diese Lücke überbrücken. Tri-Gate erlaubt auch zum ersten Mal die Integration von Analog- und Digital-Schaltungen auf GaN-Basis. Im Mobilfunk oder der Satellitenkommunikation steigen beispielsweise die Datenraten rasant an, daher werden immer höhere Übertragungsfrequenzen benötigt. Gleichzeitig müssen wir auch hohe Ausgangsleistungen liefern. Hierbei können die Tri-Gate-Transistoren eingesetzt werden, die auch bei so hohen Frequenzen die Leistungsvorteile von Galliumnitrid nutzbar machen.
Wie bist Du zu Deinem Promotionsthema gekommen und was hat Dich daran begeistert?
Mich hat es gereizt, ein ganz neues Konzept zu wagen, welches vorher in der GaN-Technologie noch nie untersucht wurde. Die Firma Intel nutzt den Tri-Gate-Ansatz für ihre Silizium-Technologien seit Jahren und zwar so erfolgreich, dass mittlerweile jeder neue Computer-Prozessor aus Tri-Gate-Transistoren besteht. Bisher gibt es aber kaum Versuche dieses Konzept auf GaN oder irgendeinen Verbindungshalbleiter zu übertragen. Es hat mich begeistert, die Chance zu bekommen zum ersten Mal eine vollständige GaN-basierte Tri-Gate-Technologie zu entwickeln.
Warum hast Du Dich für Fraunhofer entschieden?
Ich finde, dass Fraunhofer einige Vorteile der Industrie und der universitären Forschung vereint. Wir forschen hier an anwendungsreifen Endprodukten, was an der Universität weniger der Fall ist. Obwohl wir auch eng mit Kunden zusammenarbeiten, haben wir mehr Forschungsfreiheit als in der Industrie, wo man noch stärker an produktionstechnische Vorgaben gebunden ist.
Weißt Du schon wie es nach Deiner Promotion weitergeht?
Ich würde gerne noch am Fraunhofer IAF bleiben, um Erfahrung in der Projektarbeit zu sammeln. Gerade wegen der Forschungsfreiheit glaube ich, dass das Fraunhofer IAF die perfekte Chance bietet, um an spannenden wissenschaftlichen Projekten zu arbeiten. Hier habe ich die Freiheit alle Aspekte eines Themas zu erforschen, das finde ich gut.
Wo siehst Du Dich in 10 Jahren?
Irgendwann möchte ich auch Erfahrungen in der Industrie sammeln, am liebsten bei einer Firma in den USA oder in England. Die Industrieerfahrung finde ich auch wichtig, weil man im direkten Kontakt mit dem Kunden die kritischsten Probleme im Gebiet kennenlernen und mehr gezielte Forschung durchführen kann.
Was war Dein bisheriges Highlight am Fraunhofer IAF?
Mein Highlight war, als ich letztes Jahr zum ersten Mal meine Schaltung gemessen habe ─ die erste Schaltung auf GaN-Basis mit dreidimensionalen Transistoren der Welt! Über die guten Ergebnisse habe ich mich sehr gefreut!
Wie würdest Du das Fraunhofer IAF in drei Worten beschreiben?
Multitasking ─ Teamarbeit ─ Forschungsfreiheit
Was magst Du besonders an Freiburg?
An der Stadt gefällt mir besonders gut, dass es so ruhig ist. Ich bin in Istanbul aufgewachsen, da ist es viel chaotischer als hier! Außerdem gibt es in Freiburg viele Orte, wo man sich mit Freunden treffen und relaxen kann, auch in der Natur. Hier passt alles zusammen. All in one package!